Tramadol ist ein synthetisch hergestellter Abkömmling von Morphin. Die Wirkung und Nebenwirkungen des Opioid-Analgetikums sind allerdings deutlich schwächer. Die schmerzstillende Wirkung beträgt etwa ein Zehntel bis ein Sechstel derjenigen von Morphin. Das Schmerzmittel wurde 1977 unter dem Namen Tramal® auf den Markt gebracht. Tramadol ist in Deutschland ein beliebtes und häufig eingesetztes Medikament zur Behandlung mäßig starker bis starker Schmerzen.

Was ist Tramadol?
Tramadol ist ein schmerzstillendes Medikament aus der Gruppe der Opioide und hat eine dem Morphin ähnliche Struktur. Es wird zur Behandlung von akuten und chronischen Schmerzen eingesetzt und ist in zahlreichen verschiedenen Dosierungen und Darreichungsformen erhältlich. Darunter sind zum Beispiel Tabletten, Kapseln, Brausetabletten, Retardtabletten, Zäpfchen und Tropfen zum Einnehmen. Tramadol wird häufig in Kombination mit anderen Medikamenten oder alternativen Therapien eingesetzt, um Patient:innen die bestmögliche Behandlung zu bieten. Das synthetische Analgetikum steht zusammen mit Tilidin/Naloxon und Dihydrocodein auf der zweiten Stufe des Stufenschemas der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Schmerztherapie.
Die Verordnung von Tramadol fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, aber unter die Verschreibungspflicht. Tramadol sollte nie länger als therapeutisch unbedingt notwendig zur Behandlung von Schmerzen eingenommen werden.

Die Wirkung von Tramadol
Tramadol hat eine geringere Wirkstärke als Morphin.Der Wirkstoff bindet an die zentralen Opioidrezeptoren im Gehirn und blockiert so die Weiterleitung von Schmerzsignalen an das Gehirn. Dies reduziert das Schmerzempfinden. Die analgetische Wirkung wird allerdings auch über andere Mechanismen vermittelt: Tramadol hemmt die Wiederaufnahme des Botenstoffes Noradrenalin und verstärkt die Serotoninfreisetzung. Daher wirkt es zusätzlich antidepressiv, angstlösend und beruhigend. Diese Wirkungen können eine Abhängigkeit von Tramadol fördern.

Der Wirkungseintritt
Der Wirkungseintritt von Tramadol hängt von der Dosierung und der Darreichungsform des Präparates ab. Etwa 30 Minuten nach der Anwendung tritt eine Wirkung bei unverzögerter Freigabe des Wirkstoffes ein. Flüssige Formen wirken besonders rasch. Die Wirkung von Tramadol hält 4 bis 8 Stunden an. Eine Überdosierung kann gefährlich sein, da sie Bewusstsein und Atmung beeinträchtigen kann. Es sollte also nicht mehr als die ärztlich empfohlene Dosis angewendet werden. Zur Behandlung von chronischen Schmerzen sollten Retardpräparate nach einem festen Zeitplan verabreicht und immer unzerteilt eingenommen werden.

Anwendungsbereiche von Tramadol
Tramadol kann bei vielen verschiedenen Arten von Schmerzen angezeigt sein, einschließlich Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Arthritis und postoperativen Schmerzen. Tropfen und andere Darreichungsformen zum Einnehmen mit schneller Wirkstofffreisetzung sind nur für eine kurzzeitige, akute Therapie bei Kindern oder zu Beginn einer Schmerzbehandlung sinnvoll.

Arzneimittel bei Migräne
Das Morphin-Derivat Tramadol kann auch bei Migräne verwendet werden, obwohl es nicht so effektiv wie andere Medikamente gegen Migräne wirkt. In Studien hat Tramadol in der Kombination mit Paracetamol eine Wirksamkeit bei akuten Migräneattacken gezeigt.

Wirkung bei Fibromyalgie
Überdies kann Tramadol helfen, Angstzustände zu lindern und die Symptome von Fibromyalgie zu reduzieren. Fibromyalgie ist eine chronische Schmerzerkrankung, die durch Schmerzen meist in der Nähe von Gelenken und in Muskeln gekennzeichnet ist. Meistens ist die Wirbelsäule ebenfalls betroffen. Patient:innen mit Fibromyalgie berichten oft über starke Muskelschmerzen und Steifheit im ganzen Körper. Bei starken Fibromyalgie-Schmerzen kann Tramadol angezeigt sein, um Patient:innen wieder ein normales Leben zu ermöglichen.

Außerhalb seiner Zulassung, als off-label use, wird Tramadol bei der Behandlung von neuropathischen Schmerzen eingesetzt. Bisher existieren nur wenige verlässliche Hinweise aus Studien, dass Tramadol für die Therapie neuropathischer Schmerzen hilfreich ist. Auch für Menschen mit peripherer Neuropathie, die durch Diabetes verursacht wird, kann Tramadol das geeignete Medikament sein. Periphere Neuropathie verursacht schwere Symptome wie Taubheit oder Brennen in den Extremitäten und kann manchmal so schwer sein, dass der Betroffene nicht mehr richtig gehen oder sogar stehen kann. Tramadol reduziert Entzündungen und lindert somit die Symptome der peripheren Neuropathie deutlich verbessern.
Der Wirkstoff Tramadol für Kinder ab 1 Jahr
Tramadoltropfen dürfen bei Kindern unter einem Jahr nicht eingesetzt werden. Tramadol ist ab einem Alter von einem Jahr zur Behandlung von mäßig starken bis starken Schmerzzuständen zugelassen. Kinder ab zwölf Jahre können nach ärztlicher Empfehlung Brausetabletten, Kapseln, Tabletten oder Zäpfchen einnehmen. Retardtabletten eignen sich erst ab diesem Alter. Tramadol sollte nicht bei Kindern mit eingeschränkter Atemfunktion angewendet werden, beispielsweise aufgrund einer Atemwegserkrankung, wenn bei ihnen die Erregungsleitung zwischen Nervensystem und Muskulatur gestört ist oder wenn sie an den Gaumen- oder Rachenmandeln operiert wurden. Bei diesen Kindern könnten unter Tramadol Atemprobleme, sogar eine Atemlähmung auftreten.

Obwohl Tramadol häufig verschrieben wird und für viele Menschen ein sicheres und effektives Analgetikum ist, gibt es auch potenzielle Risiken und Nebenwirkungen, die man unbedingt kennen sollte.
Nebenwirkungen von Tramadol
Die häufigsten Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Mundtrockenheit und Kopfschmerzen. Die Einnahme von Tramadol kann auch zu Erschöpfung, Schlaflosigkeit, übermäßigem Schwitzen oder Müdigkeit führen und die Leber- und Nierenfunktion beeinträchtigen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Schwindel und ein beeinträchtigtes Reaktionsvermögen.
Häufig Unterzucker
Da es bei der Anwendung von Tramadol häufiger zu Hypoglykämien (Unterzucker) kommen kann, wird zu Beginn einer Tramadol-Behandlung empfohlen, bei allen Patient:innen die Blutzuckerwerte zu kontrollieren. Diese Nebenwirkung kann auch bei Personen ohne diagnostizierten Diabetes auftreten.

Seltener treten Hautausschlag und Atembeschwerden auf
In selteneren Fällen können nach der Einnahme von Tramadol allergische Reaktionen wie Hautausschlag oder Atembeschwerden auftreten oder psychische Symptome wie Halluzinationen oder Verfolgungswahn sind möglich. Weiterhin werden manchmal Appetitveränderungen, Zittern, verschwommenes Sehen und Muskelschwäche beobachtet.
Die Anwendung von Tramadol kann zu Abhängigkeit führen
Es ist bekannt, dass Tramadol das Potenzial hat abhängig zu machen. Das Opioid sollte deshalb nicht ohne ärztliche Aufsicht verordnet werden.
Aufgrund all dieser möglichen Nebeneffekte ist es wichtig, dass Patient:innen den Rat ihres Arztes/ ihrer Ärztin befolgen und die empfohlene Dosierung und Dauer der Behandlung einhalten.

Risiken und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Bei der Einnahme von Tramadol besteht die Gefahr von Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Daher sollten Patient:innen bei der Verordnung alle Medikamente angeben, die sie einnehmen, um mögliche Wechselwirkungen zu vermeiden, auch rezeptfreie.
Interaktion mit anderen Arzneimitteln
Tramadol kann mit Beruhigungsmitteln, sogenannten Sedativa, wechselwirken. Das Risiko einer zu starken Sedierung, bis hin zur Atemdepression, Koma und Tod wird durch die zeitgleiche Therapie mit Tramadol erhöht.
Vorsicht bei gleichzeitiger Therapie mit Antidepressiva
Weiterhin kann eine gleichzeitige Therapie von Tramadol mit verschiedenen Antidepressiva wie serotoninerge Arzneimittel, MAO-Hemmer oder trizyklische Antidepressiva zu einem potenziell lebensbedrohlichen Zustand führen, dem Serotoninsyndrom. Das Serotoninsyndrom äußert sich beispielsweise durch Verwirrtheit, Überaktivität, Angst, Durchfall, Zittern und labiler Blutdruck.

Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung
Werden Substanzen mit blutgerinnungshemmender Wirkung wie Cumarinderivate (z.B. Warfarin) eingenommen, kann das synthetische Opioid Tramadol zu erhöhten Quick-Werten und kleinflächigen Haut- oder Schleimhautblutungen führen.
Einige Arzneistoffe können Krampfanfälle auslösen
Eine Reihe von Antidepressiva, Antipsychotika und weitere, die Krampfschwelle herabsetzende Arzneimittel wie Bupropion, Mirtazapin und Tetrahydrocannabinol (THC) können in Verbindung mit Tramadol Krampfanfälle auslösen. Bupropion ist ein Antidepressivum, welches auch zur Rauchentwöhnung bei nikotinabhängigen Patient:innen eingesetzt wird. Mirtazapin wird bei depressiven Episoden und es besteht ein off-label use zur Behandlung von Schlafstörungen. Chronische Schmerzpatienten bekommen vermehrt THC zu ihren Schmerzmitteln dazu verordnet, um positiv auf die Lebensqualität einzuwirken.
Tramadol und Alkohol
Tramadol kann auch mit Alkohol wechselwirken. Alkohol erhöht das Risiko unerwünschter Nebeneffekte wie Schläfrigkeit und ist daher bei der Einnahme dieses Analgetikums zu meiden.
Schwangerschaft und Stillzeit
Da Tramadol die Plazenta passiert, sind nach der Geburt Entzugserscheinungen beim Neugeborenen möglich. Eine Medikation mit Tramadol in der Schwangerschaft sollte nur auf Einzeldosen beschränkt eingenommen werden.
Kontraindikationen von Tramadol – Wann darf Tramadol nicht eingenommen werden?
Tramadol darf nicht eingenommen werden, wenn eines der folgenden Kriterien vorliegt:
- Allergische Reaktion oder Überempfindlichkeit auf Tramadol
- Akute Vergiftungen mit Alkohol, Schlafmitteln, Schmerzmitteln, Opioiden und Psychopharmaka
- Gleichzeitige oder bis zu 14 Tage zurückliegende Anwendung von MAO-Hemmern
- Epilepsie
- Drogensubstitution
- Stillzeit
Kurzzusammenfassung
Tramadol ist ein Arzneimittel aus der Gruppe der Opioidanalgetika. Auf Verordnung kann Tramadol zur Behandlung mäßig starker bis starker Schmerzen angewendet werden. Die Wirksamkeit bei starken Schmerzen ist zuverlässig. Aber der Wirkstoff Tramadol bringt auch einige Nebenwirkungen mit sich.
Die für Opioide typische Nebenwirkung Verstopfung kann auch unter Tramadol auftreten. Sehr häufig kommt es mit dem Schmerzmittel zu Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel und Übelkeit. Tramadol weist ein geringeres Suchtpotenzial als die meisten Opioide auf.
Gelegentlich kann es nach Absetzen des Schmerzmittels zu Entzugssymptomen kommen, vor allem, wenn die Behandlung plötzlich abgebrochen wird.

Wissen zum Mitnehmen: Tramadol
- rezeptpflichtig
- stark schmerzstillende Wirkung
- macht häufig schläfrig und schwindelig
- Auto fahren nur nach Rücksprache mit dem Arzt/der Ärztin
- nicht als Ersatzdroge bei der Behandlung der Drogenabhängigkeit geeignet

